Darf man die Bezirksregierung Köln als “dümmste Bezirksregierung Deutschlands” bezeichnen?

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Anwalt legt sich mit Behörde an: “In Ihrem Haus konzentriert sich offenbar eine erhöhte Zahl an Volljuristinnen, deren Kopf in erster Linie für die gestalterische Arbeit von Friseuren und Kosmetikern Verwendung findet.”

Regierungstreu wie wir sind, kämen wir nie auf die Idee, die Bezirksregierung Köln als unfähig, antidemokratisch oder gar dumm zu bezeichnen. So etwas würden wir noch nicht einmal denken.

Im Leitbild dieser mustergültigen Behörde heißt es schließlich:

Die 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten in dem Bewusstsein, ein wichtiger Teil eines demokratischen und rechtsstaatlichen Gemeinwesens zu sein, und tragen Mitverantwortung für das Wohl von 4,2 Millionen Menschen. […]

Aufrichtigkeit, gegenseitige Wertschätzung und ein verantwortungsvoller Umgang über alle Ebenen hinweg sollen unser Handeln bestimmen.

Dazu gehört, dass wir

  • partnerschaftlich, fair und loyal miteinander umgehen,
  • Personalentscheidungen und Beurteilungen transparent gestalten,
  • Probleme und Sachzwänge Anderer erkennen und gemeinsam nach Lösungen suchen,
  • Lob aussprechen und annehmen,
  • Kritik offen formulieren und akzeptieren können,
  • Ausgrenzung und Benachteiligung entgegentreten

Dass das alles so praktiziert wird, daran haben wir nicht den geringsten Zweifel. Martin Wehrle hat einfach keine Ahnung (“Ich arbeite in einem Irrenhaus. Vom ganz normalen Büroalltag”, Ullstein, 2014):

Ein Komiker auf der Betriebsfeier hat’s gut: Wenn ihm die Witze ausgehen, muss er nur die Firmenvision zitieren und dabei ein ernstes Gesicht machen — schon hat er die Lacher auf seiner Seite. […]
Die Vision ist eine Ersatzhandlung. Wo Kundenfreundlichkeit gelebt wird, kommt niemand auf die Idee, dieses Wort in goldenen Lettern an die Wand zu schreiben. Wo der Umgang harmonisch ist, muss die Harmonie nicht herbeivisioniert werden. […]
Die meisten Visionen weisen auf die unüberbrückbare Kluft zwischen Reden und Tun hin. Der Mitarbeiter stößt mit seiner Nase jeden Tag auf diesen Widerspruch. Deshalb empfindet er die Vision seines Irrenhauses als demotivierende Heuchelei.

Eine unüberbrückbare Kluft zwischen Reden und Tun? In Köln unbekannt. Nichtsdestotrotz hat ein Anwalt vor einigen Jahren nicht so tolle Erfahrungen mit der Bezirksregierung Köln gemacht. Er schrieb ihr nämlich unter anderem (Quelle: ra-kotz.de):

1.)

Sollten Sie jedoch so “naiv” sein, der Rechtsanwaltskammer Köln jede der von dort ausgestellten Bescheinigungen zu glauben, … muss es sich bei Ihnen, in Anlehnung an eine bekannte Pralinenwerbung, um die “wahrscheinlich dümmste Bezirksregierung Deutschlands” handeln.

2.)

Wenn Sie mir eine spöttische Bemerkung nicht übel nehmen: In Ihrem Haus konzentriert sich offenbar eine erhöhte Zahl an Volljuristinnen, deren Kopf in erster Linie für die gestalterische Arbeit von Friseuren und Kosmetikern Verwendung findet…

Für diese Äußerungen wurde der Anwalt von der Rechtsanwaltskammer Köln gerügt. Der Anwaltsgerichtshof Köln hat diese Rüge allerdings wieder aufgehoben (AZ 10 EV 116/14, Beschluss vom 10.11.2014). Aus dem Urteil:

Dem Rechtsanwalt ist es erlaubt, zur plastischen Darstellung seiner Position auch starke und eindringliche Ausdrücke zu benutzen, um seine Rechtsposition zu unterstreichen, ohne jedes Wort auf die Waagschale legen zu müssen […]. Hierbei ist eine Abwägung zwischen der Schwere der Persönlichkeitsbeeinträchtigung durch die Äußerung und den Einbußen bei der Meinungsfreiheit durch das Verbot der Äußerung vorzunehmen […]. […]

Die [erste, A.R.] Äußerung diente jedoch der Unterstreichung seiner Rechtsauffassung in der Sache selbst, dass die möglicherweise unberechtigte Förderung nicht auf seinem Handeln, sondern auf Missständen auf Behördenseite beruhe. Die überspitzte Äußerung ist daher auch unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsrechte der betroffenen Mitarbeiterinnen von der Meinungsfreiheit gedeckt und diente der Wahrnehmung berechtigter Interessen im Sinne des § 43a BRAO. […]

Auch die zweite beanstandete Äußerung ist daher insgesamt nicht derart gravierend, als dass die Schwelle der berufsrechtlichen Relevanz erreicht ist.

Wir halten uns schadlos: Die Bezirksregierung Köln ist super, insbesondere lupenrein demokratisch. Eine Kontrolle durch den Landtag Nordrhein-Westfalen ist überflüssig. Hinweise, die geeignet sind, uns von dieser Meinung abzubringen, nehmen wir gerne entgegen.



PS: Die Geschichte gibt es auch auf einem lustigen Video mit dem Rechtsanwalt Christian Solmecke:

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