“Noch so ein Arbeitstag, und ich dreh durch!”
Was Mitarbeiter in den Wahnsinn treibt
In vielen Firmen herrscht das Diktat der Unvernunft. Mitarbeiter müssen tun, was ihnen gesagt wird, weil es ihnen gesagt wird — auch wenn es der letzte Unsinn ist. Regeln ersetzen den gesunden Menschenverstand. Das Betriebsklima orientiert sich vor allem an der Laune des Chefs. Immer öfter heißt es:
- Hilfe, mich jagt ein Kostenkiller
- Meetings und Bürokratie fressen meine Arbeitszeit
- Wer hat meinen Feierabend geklaut?
Diese Zeilen stammen aus dem Klappentext des lesenswerten Buches “Noch so ein Arbeitstag, und ich dreh durch!” von Martin Wehrle (mosaik, München, 2018).
Besonders schön finden wir die 10 Gebote für “Durchdreh-Meetings” (S. 31f):
Gebot 1: Lad zum Meeting alle ein, die zwei Voraussetzungen erfüllen: Sie verstehen nichts von der Sache – und haben eigentlich keine Zeit.
Gebot 2: Sorg dafür, dass die Einladung möglichst nebulös und unbedingt frei von Zielen bleibt. Also besser „Diskussion der Meeting-Kultur“ als: „Wie können wir die Zahl der Meetings reduzieren?“
Gebot 3: Setz das Meeting niemals eine Stunde vorm Mittagessen an. Meetings dehnen sich so lange aus, wie man ihnen Zeit gibt. Gib ihnen alle Zeit der Welt!
Gebot 4: Hol einen möglichst autoritären Chef an den Tisch, damit ihm alle nach dem Mund reden und niemand auf die Idee kommt, die Wahrheit zu sagen.
Gebot 5: Verzichte auf alles Überflüssige, zum Beispiel auf: Moderation, Einhalten der Tagesordnung und einander ausreden lassen.
Gebot 6: Achte darauf, dass sich bei der Diskussion nicht die stärksten, sondern die lautstärksten Argumente durchsetzen. Positiver Nebeneffekt: Dann haben die meist stilleren Frauen keinen Stich.
Gebot 7: Mach die eigentliche Sache zur Nebensache und das Meeting zum Machtkampf: jeder Abteilung ihre Pfründe, jedem Teilnehmer sein Applaus.
Gebot 8: Sorg dafür, dass jeder kritische Gedanke – „Der Termin wackelt!“ – sofort als „Miesmacherei“ verurteilt und mit mindestens drei Eimern Zweckoptimismus überstrichen wird.
Gebot 9: Stell sicher, dass eine kleine Klüngel-Runde längst ausgeheckt hat, was nun von großer Runde nach möglichst langem Scheingefecht abgenickt wird.
Gebot 10: Beende das Meeting, ohne jemanden mit konkreten Aufgaben zu behelligen; beim Reden wurde schon genug Zeit verbrannt.
Wer nicht weiß, was das mit Schule zu tun hat, wird durch den Beitrag “lasset uns konferieren… denn solange wir konferieren, sind wir nicht tot” auf stauff.de aufgeklärt — ein Auszug:
Eine der Leibspeisen […] von LehrerInneN ist das Konferieren 🙂 […]
Unbedingt zu empfehlen bei Lehrerkonferenzen sind
- ein Platz ganz hinten […],
- Korrekturen,
- Unterrichtsvorbereitungen,
- Kritzelzettel,
- “Auto, Motor und Sport” bzw. die “Brigitte”,
- für ganz Forsche der “Playboy”,
- und insbesondere natürlich der “Totstellreflex”.
Ein ganz anderer Fall sind jene wenigen, die den ganzen Schmu auch noch für höchst sinnvoll halten, für die Konferenzen (egal, worüber) nämlich ein Wert an sich sind. Das sind so etwa dieselben, die meinen, eine “schöne” Rede müsse mindestens 20 Minuten lang sein (egal, worüber).
Die genannten Tipps sind zwar nett und lustig, aber wir müssen warnen: “Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf” (Herkunft unbekannt).
PS
Der Herausgeber von Schule intakt hat eine Seite auf Instagram.
„Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf“ (Herkunft unbekannt).Oder: “Der Frieden ist der Ernstfall” (Gustav Heinemann)
Beide Beiträge gehen über Satire weit hinaus und sind der Kategorie Unsinn zuzuordnen. Die Beiträge als Leseempfehlung zu publizieren, ist kein Kompliment für die Seriosität dieser Plattform.
Hans Wocken