Arno Gruen über leistungsorientiertes Lernen

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“Lernen, das auf Leistung ausgerichtet ist, erzeugt Spannung, Angst und Furcht.”

Der deutsch-schweizerische Psychoanalytiker Arno Gruen (1923 – 2015) schreibt in seinem Aufsatz “Lernen ohne Anstrengung. Erstrebenswertes oder minderwertiges Ziel?”:

Wenn […] ein Kind seine eigenen Neigungen unterdrücken muss, verliert das Lernen das Spielerische und wird zur Pflicht. Die Eltern erwarten von ihrem Kind Leistungen. Das Lernen wird dadurch programmiert, zerstückelt und fängt an, auf Wiederholung und Übung ausgerichtet zu sein.

Das ist der grundsätzliche Unterschied zum spielerischen Lernen, einer Art des Lernens, bei der man das Wesentliche aufnimmt ohne den Zwang: du musst lernen. […] Seine Hauptmerkmale sind Integration, Spontaneität des Lernens und Freude. Dagegen erzeugt Lernen, das auf Leistung ausgerichtet ist, Spannung, Angst und Furcht. Während das spielerische und lustbetonte Lernen uns das Gefühl der Freiheit gibt, hält uns das andere ständig unter dem Zwang zu noch perfekterer Leistung — bestimmt von den dominierenden Eltern, die bewerten und beurteilen. Auf diese Weise wird das Bedürfnis für eine uns beurteilende Macht aufgebaut. […]

Vielleicht sind die Lernschwierigkeiten, von denen wir ausgegangen sind, nicht nur Ausdruck einer pathologischen Erscheinung, sondern der Widerstand gegen den Unterwerfungszwang. Möglicherweise sagen unsere im Lernen und im Leben versagenden Mitmenschen etwas aus über die Welt, in der wir leben, das wir alle hören sollten. […]

Wir können nicht begreifen, was wir unserem Bedürfnis nach Freiheit angetan haben, wenn wir die Versager unter uns nicht beachten. Die Menschen, die versagt haben beim Lesen, Schreiben, Zählen, Lauten, Stehen und im Leben. Durch ihr Versagen sind sie paradoxerweise noch in Kontakt mit ihren Bedürfnissen, während wir «Erfolgreichen» diesen Kontakt wahrscheinlich verloren haben. […]. [S]ie können uns helfen aufzuspüren, auf welche Art wir unsere Bedürfnisse versanden ließen, als wir uns dem Leistungsdiktat beugten. Es ist die Angst vor der Entfaltung unserer eigenen Lebendigkeit, die unserer irrationalen Destruktivität zugrundeliegt.

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