Ausnahmen von der Maskenpflicht in der Schule
Sowohl das Schulministerium als auch manche Schule informieren nicht immer vollständig über Neuregelungen nach den Herbstferien. Die Gefahr besteht, dass Lehrer die Maskenpflicht strenger durchsetzen als erlaubt.
Am 26. Oktober hat in NRW die Schule nach den Herbstferien wieder angefangen. Es gelten seitdem neue “Coronaregeln”, insbesondere zum Tragen von Masken durch die Schüler. Maßgebend ist die sogenannte Coronabetreuungsverordnung vom 30.09.2020 in der ab dem 26.10.2020 gültigen Fassung, erlassen durch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW. In § 1 Absatz 3 heißt es:
Alle Personen, die sich im Rahmen der schulischen Nutzung in einem Schulgebäude oder auf einem Schulgrundstück aufhalten, sind verpflichtet, eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen.
Es folgt eine Liste von sechs Einschränkungen, für wen unter welchen Umständen diese Vorschrift nicht gilt, zum Beispiel “für Schülerinnen und Schüler der Schulen der Primarstufe, solange sie sich im Klassenverband im Unterrichtsraum aufhalten”. Absatz 4 regelt weitere Ausnahmen von der Maskentragepflicht. Unter anderem heißt es:
In Pausenzeiten darf auf die Mund-Nase-Bedeckung beim Essen und Trinken verzichtet werden, wenn der Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen Personen gewährleistet ist oder wenn Speisen oder Getränke auf den festen Plätzen im Klassenraum verzehrt werden.
Auf diese nicht ganz unerhebliche Aufhebung der Maskentragepflicht beim Essen und Trinken weist das NRW-Schulministerium allerdings nicht in all seinen Veröffentlichungen hin. Zum Beispiel heißt es in der Pressemitteilung vom 21.10.2020 lediglich:
Die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung im Unterricht gilt vorerst bis zum Ende des Jahres. Die Regelungen im Einzelnen:
Im Schulgebäude und auf dem Schulgelände müssen alle Schülerinnen und Schüler eine Mund-Nase-Bedeckung tragen; dies gilt für alle Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 5 und darüber hinaus auch im Unterricht und an ihrem Sitzplatz.
Die Schülerinnen und Schüler der Primarstufe müssen keine Mund-Nase-Bedeckung tragen, solange sie sich im Klassenverband im Unterrichtsraum aufhalten. Im Schulgebäude und auf dem Schulgelände gilt die Maskenpflicht unverändert.
In der Schulmail vom 21.10.2020 des Ministeriums wird zwar auf die Coronabetreuungsverordnung verwiesen, aber es wird nicht explizit auf die oben erwähnte Ausnahmeregelung hingewiesen. Statt dessen heißt es:
Anlässlich des aktuellen und beschleunigten Infektionsgeschehens knüpft Nordrhein-Westfalen weitgehend wieder an die bewährten Regelungen der Zeit unmittelbar nach den Sommerferien an. Das bedeutet für den Schulbetrieb nach den Herbstferien:
Im Schulgebäude und auf dem Schulgelände müssen alle Schülerinnen und Schüler eine Mund-Nase-Bedeckung tragen; dies gilt für alle Schülerinnen und Schüler ab der Jahrgangsstufe 5 auch wieder im Unterricht und an ihrem Sitzplatz. […]
Daher ist es nicht verwunderlich, dass manche Schulen — zum Teil unter Berufung auf die Schulmail — auf ihrer Homepage zwar auf die Maskenpflicht hinweisen, nicht aber auf die Ausnahmeregelungen beim Essen und Trinken — zum Beispiel:
- Die Gesamtschule Lindenthal (Köln) ist äußerst sorgfältig (oder pedantisch), was Anti-Corona-Maßnahmen angeht. Auf drei Seiten werden “Hygiene- und Verhaltensmaßnahmen” (vom 22.10.2020) vorgestellt. Darunter:
- Das Geländer und die Türgriffe dürfen nicht angefasst werden. Die Türen zu allen Klassenräumen stehen offen.
- Die Jacke hängt über dem Stuhl, die Tasche steht auf dem Boden.
- Die Fenster und Türen bleiben ständig geöffnet.
- Jede/r Schüler*in darf den Klassenraum nur mit desinfizierten Händen betreten.
- Bei Fragen zu Aufgaben wird der Lehrer nicht zu den Schüler*innen an den Platz kommen, auch der/die Schüler*in darf nicht nach vorne zur Lehrkraft kommen.
- Bearbeitete Aufgaben werden mit Sicherheitsabstand eingesammelt oder digital verschickt.
- Bei Raumwechsel (z.B. Fachunterricht/ Diff.) desinfiziert der Lehrkörper (vor Unterrichtsbeginn) alle Tische, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren.
- Die Mund-Nasen-Bedeckung darf auf dem Schulhof nicht abgenommen werden!
- Der Toilettengang wird in der Klasse dokumentiert.
Dass die Maske zum Essen und Trinken unter bestimmten Bedingungen abgenommen werden darf, darauf wird nicht hingewiesen.
- Das Gymnasium Kamp-Lintfort schreibt: “Für die Zeit von den Herbstferien bis zu den Weihnachtsferien hat das Schulministerium […] die bereits für das gesamte Schulgelände und Schulgebäude geltende Maskenpflicht wieder für den Unterricht — auch auf den Sitzplätzen — angeordnet. Ausnahmen sind nur auf der Grundlage aussagekräftiger ärztlicher Atteste möglich.”
- Das Mannesgymnasium Duisburg schreibt: “Es gilt wieder die uneingeschränkte Maskenpflicht in der Schule, also auch während des Unterrichtes und bei Klausuren.”
- Das Leibniz-Gymnasium Essen schreibt: “Maskenpflicht im Unterricht – auch am Platz – sowie im Schulgebäude und auf dem gesamten Schulgelände”.
Andere Schulen weisen dagegen auf — zum Teil eigenwillige — Ausnahmeregelungen hin. Zum Beispiel:
- Das Gymnasium Essen-Werden schreibt: “Wenn die Masken abgesetzt werden – z.B. zum Essen und Trinken – ist auf den Mindestabstand von 1,5 m zu achten. Einzige Ausnahme: die Nahrung wird am festen Platz im Klassenraum eingenommen.”
- Die Freiherr-vom-Stein-Realschule Krefeld schreibt: “In Pausenzeiten darf auf die Mund-Nase-Bedeckung (MNB) beim Essen und Trinken verzichtet werden, wenn der Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen Personen gewährleistet ist oder wenn Speisen oder Getränke auf den festen Plätzen im Klassenraum verzehrt werden.
- Das Mercator-Gymnasium Duisburg legt die Coronabetreuungsverordnung etwas frei aus:
Die Maskenpflicht besteht NRW-weit wieder auch im Unterricht. Kurze, individuelle ‘Atempausen’ am Fenster nach Absprache mit der jeweiligen Lehrkraft sind nötigenfalls wie bisher möglich.
- Auch die Realschule Lechenich formuliert etwas lax:
Maskenpflicht besteht auf dem gesamten Schulgelände. Zum Essen und Trinken darf die Maske natürlich für einen kurzen Zeitraum abgenommen werden.
Das Gymnasium Kreuzau weist zwar einerseits auf Folgendes hin: “Nach Entscheidung der Lehrkräfte können ‘aus pädagogischen Gründen zeitweise oder in bestimmten Unterrichtseinheiten’ … Ausnahmen von der Maskenpflicht zugelassen werden”. Andererseits schreibt es — ähnlich wie eine andere Schule — im Widerspruch zur Coronabetreuungsverordnung:
Generell darf Essen nur auf dem Schulhof eingenommen werden. Dabei muss -– bitte noch konsequenter als bisher -– darauf geachtet werden, dass der Mindestabstand von 1,5 m eingehalten wird, solange die Masken abgenommen werden.
Es besteht die Gefahr, dass bei manchen Schulen die Ausnahmeregelungen nicht nur nicht erwähnt werden, sondern tatsächlich missachtet werden, d.h., dass Schülern rechtswidrig verboten wird, die Maske zum Essen und Trinken unter bestimmten Bedingungen abzunehmen. Zur Erinnerung: Nachdem am 1. September die Pflicht zum Tragen der Maske im Unterricht durch die Landesregierung ausgesetzt wurde, wurde berichtet, dass mancherorts Schüler offenbar genötigt würden, weiterhin eine Maske zu tragen. WDR.de schrieb:
Schulen in NRW: Keine Maskenpflicht, dafür Druck und Ausgrenzung
Vor zwei Wochen hatte die Landesregierung die Maskenpflicht im Unterricht wieder abgeschafft. Doch seitdem herrscht Chaos an vielen Schulen.Michael Faust, Vater aus Kreuztal, ist ziemlich sauer. Seine Tochter trägt seit dem 1. September keine Maske mehr und “wird seitdem denunziert und angepöbelt von anderen Schülern”, wie er dem WDR berichtet. Viele Lehrer seien verängstigt und würden Druck auf die Schüler ausüben.
(Weitere WDR-Berichte hier und hier.)
Die NachDenkSeiten schrieben unter dem Titel “Corona: Die Rückkehr der schwarzen Pädagogik”:
An einer ganzen Reihe von Schulen werden die Hygiene-Regeln deutlich strenger umgesetzt, als es die jeweiligen Landesregeln vorschreiben. Schüler, Lehrer und Eltern sind gespalten. Wer nicht mitmacht, riskiert schnell, ausgegrenzt zu werden.
Gesundheit ist ein hohes Gut — genauso wie rechtsstaatliche und freiheitliche Prinzipien.