Die Stadt Düsseldorf und das SAMR-Modell

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Sollen sich die Menschen mit technischen Hilfsmitteln in Sphären begeben, in denen sie ohne diese Mittel nicht überleben könnten?

Wie wir berichtet haben, gibt die Stadt Düsseldorf in ihrem Medienentwicklungsplan eine leicht fragwürdige Antwort auf die Frage nach dem Nutzen digitaler Medien.

Dieser 209-seitige Plan enthält noch eine fragwürdige Stelle. Im Abschnitt 3.3 (S. 37 – 40) geht es der Überschrift zufolge um “Risiken und Herausforderungen beim Einsatz neuer Medien in der Schule”. Statt Risiken und Herausforderungen zu benennen, werden vier “Erfolgsfaktoren” aufgezählt und irgendwie erläutert. Zum Beispiel: “Ein Lehrer oder eine Lehrerin muss in einfacher und schneller Form bei technischen Fehlern oder Bedienungsfehlern Hilfe bekommen können.”

Die Landeshauptstadt weiß ferner:

Es muss beachtet werden, dass die Einführung bzw. Ausdehnung der Nutzung der digitalen Medien in die Unterrichtsvermittlung mit einem zu planendenden [sic!] zeitlichen Übergangsprozess verbunden ist.

Ist das jetzt ein Risiko, eine Herausforderung, ein Erfolgsfaktor oder eine Trivialität? (Von Spitzfindigkeiten sehen wir ab: Was ist eine “Unterrichtsvermittlung”? Gibt es auch nicht zeitliche Übergangsprozesse?) Welches Ausmaß die “Ausdehnung der Nutzung der digitalen Medien” annimmt oder annehmen soll, erklärt uns die Stadt Düsseldorf auch:

Besonders anschaulich hat diesen Einführungsprozess Dr. Ruben Puentedura 2006 in seinem SAMR Modell beschrieben.

Es wird folgende Grafik gezeigt (S. 39, Originalquelle: Medienzentrum Harburg):

Gut, dass sich über das SAMR-Modell schon jemand Gedanken gemacht hat, nämlich Karl-Heinz Dammer, Professor für Allgemeine Pädagogik an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. In seinem beachtenswerten “Gutachten zur Digitalstrategie der KMK und des Landes NRW aus bildungspolitischer Sicht” (S. 25, Fußnoten im Original, meine Hervorhebung) schreibt er:

Dass auch bei dem SAMR-Modell die technische Faszination ausschlaggebend ist und eine zunehmende Abhängigkeit von digitalen Medien angestrebt wird, geht aus zwei metaphorischen Darstellungen hervor, mit denen die Vorzüge des Modells beworben werden sollen. Die eine zeigt eine Person, die zunächst in ein Ruderboot steigt und schließlich in einem U-Boot die vorher unerkannte Unterwasserwelt erkundet. Das U-Boot steht dabei für die „Redefinition“. Auf dem anderen bewegt sich ein Mensch zunächst mit einem Skateboard auf einer Insel und wechselt dann die technisch zunehmend potenteren Verkehrsmittel, bis er schließlich mit einer Rakete ins All startet. In beiden Fällen begeben sich die dargestellten Personen also mit technischen Hilfsmitteln in Sphären, in denen sie ohne diese Mittel nicht überleben könnten. Sollte dies die eigentliche Botschaft der Digitalisierungskampagne sein?

Eine berechtigte Frage… — Digital first, Bedenken second.


PS. Vergangene Woche kam es übrigens in NRW zu einer Panne beim Download von Zentralabiturprüfungen. “Düsseldorf, wir haben ein Problem”, meldeten viele Schulen. Die Klausuren mussten von Mittwoch auf Freitag verschoben werden. Der Kölner Express titelte am 20. April “Absolutes Bildungs-Irrenhaus” und kommentierte: “Durchgefallen! Kein anderes Zeugnis kann dem NRW-Schulministerium aufgrund des Versagens bei der Bereitstellung der Abi-Prüfungen ausgestellt werden. Digitale Inkompetenz gepaart mit desaströser Krisenkommunikation führten zum größtmöglichen Schaden.”

Und jetzt: Abschalten!

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