Kein Ort der Ruhe

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Schöne neue Welt in der Stadtbibliothek Bergheim

Die Stadtbibliothek Bergheim ist kein Ort der Ruhe, wie man durch ein paar Besuche feststellen kann. Leute quatschen ungeniert, Schüler machen in Gruppen ihre Hausaufgaben oder lernen und unterhalten sich dabei. Das wird nicht nur toleriert, sondern ist gewollt. Am 28.03.2023 stellte der Leiter der Bibliothek dem Ausschuss für Bildung, Sport und Kultur des Bergheimer Stadtrats den Jahresbericht der Bibliothek 2022 vor. Dabei sagte er (Link zur Audiodatei):

Bibliotheken sind nicht mehr so wie früher, nur ein Ort der Ruhe und der Ausleihe. […] Neben Lernort und Ort zum Kennenlernen sind wir auch Erlebnisort. […] Wir sind auch ein lauter Raum geworden.

Wer gemütlich nach Büchern stöbern und in Ruhe lesen will, geht besser in die Stadtbibliothek Köln (siehe “Ein Ort der Ruhe”).

Von Büchern ist in dem Jahresbericht (bzw. in den Erläuterungen der Stadtverwaltung Bergheim für die Ausschusssitzung) übrigens nur am Rande die Rede. Wie viele Bücher zum Beispiel im Bestand sind, wie viele Bücher (zu welchen Themen) ab- bzw. angeschafft wurden, erfährt man darin nicht. Das Wort “Buch” kommt lediglich in der Formulierung “in den in den neuen, kindgerecht gestalteten Bilderbuchtrögen präsentierten Bilderbüchern” vor. Stattdessen wird unter anderem Folgendes erwähnt: „Die Bibliothek als dritter Ort!“, “das vielfältige Veranstaltungsprogramm”, “die kontinuierliche Weiterentwicklung der Projektarbeit”, “Installation von neuen Lernräumen”, “Ausbau des Makerspace”, “kleines Literaturfestival für Kinder und Jugendliche”, “Einführung von neuen Technologien (RFID-Automaten für Ausleihe und Rückgabe, Einführung von Thin-Clients, Ausbau WLAN, MAKERSPACE, 3D-Druck)”.

Bemerkenswert ist auch dieser Abschnitt aus dem Jahresbericht:

Roboter agieren, ob humanoid oder im Industriedesign, als Assistenzsysteme. Sie sollen helfen, lesen zu lernen, oder veranschaulichen Ergebnisse der eigenen Programmierarbeit. Der angedachte Roboter „Temi“ soll mit Unterstützung zahlreicher Kooperationspartner gezielt bei Workshops mit Schulklassen eingesetzt werden, führt Besucher aber auch durch die Einrichtung und informiert dabei sogar über Hintergründe zu Angeboten. Gemeinsam mit sogenannten Avataren an den Regalen sorgen Sie für eine teilautomatische Tour durch die Bibliothek oder begleiten Schulklassen während einer Führung durch das Haus.

Es gehört wohl zur schönen neuen Welt der Stadtbibliothek Bergheim, dass nicht nur Roboter beim Lesen-Lernen helfen sollen[*], sondern auch, dass Kinder lernen, wie man Bienen-Roboter programmiert (siehe Instagram-Screenshot unten). — Was würde Ralf Lankau (“Schau mich an – und sprich mit mir”) dazu sagen?

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[*] Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass in der Stadtbibliothek regelmäßig sogenannte Lesepaten (aus Fleisch und Blut) Kindern etwas vorlesen (siehe hier und hier). Kinder, die lieber zocken, kommen aber laut Homepage ebenfalls auf ihre Kosten: “Ihr könnt jeden Tag von 16-18 Uhr Playstation 4 spielen und zusätzlich jeden Mittwoch von 16-18 Uhr Nintendo Switch.” Und auch beim Vorlesen wird nicht immer auf einen Bildschirm verzichtet (s. S. 15 im Jahresbericht).

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