Landtagswahl: Jochen Ott (SPD) antwortet auf Fragen zu mangelhafter Demokratie in Schulen

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“Beschwerden über Probleme und Konflikte gab es kaum bzw. nur sehr wenige. Das heißt mit Sicherheit nicht, dass die Beteiligung an Schulen überall reibungslos verläuft.”

Wie berichtet, habe ich mehreren Personen, die bei der Wahl am 15.05.2022 für den Landtag NRW kandidieren, Fragen zum Thema “Mangelhafte demokratische Kultur in Schulen” gestellt.

Jochen Ott (SPD) hat heute geantwortet. Er ist seit 2010 Mitglied des Landtags und schulpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Er hat vorher als Lehrer an Gymnasien und an einer Gesamtschule gearbeitet (laut Handbuch des Landtags NRW). Ott tritt als Direktkandidat für den Wahlkreis Köln III (Ehrenfeld, Nippes und Bilderstöckchen) an und steht auf Position 5 der Liste seiner Partei (Quellen: wdr.de, nrwspd.de). Das abgebildete Foto von Jochen Ott hat Susie Knoll gemacht.

Zu den beiden Fragenblöcken nimmt Ott wie folgt Stellung (die Hintergründe zu den Fragenblöcken finden sich hier):

1.) Finden Sie diese beiden Schilderungen besorgniserregend? Betrachten Sie die mangelhafte demokratische Kultur und die Willkür an (manchen oder vielen) Schulen in NRW als Problem, um das sich der Landtag und die Landesregierung kümmern sollten? Wenn ja: Wie sollte diesem Problem begegnet werden? Wie würden Sie sich als Abgeordneter dafür einsetzen, dass die demokratische Kultur an Schulen erhalten bleibt oder — wo nötig — entwickelt und gefestigt wird?

Ott: Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf Augenhöhe zu begegnen, ist elementar für ihre positive Entwicklung. Altersgerechte Mitsprache und Teilhabe in allen Belangen und Bildungsinstitutionen stärkt ihren Selbstwert und ihre Resilienz. Gleichzeitig ist Kinder- und Jugendbeteiligung ein Weg, demokratische Teilhabe von Anfang an zu leben. Das gilt insbesondere auch für unsere Schulen. Wir werden deshalb in der nächsten Legislaturperiode gemeinsam mit den Jugendverbänden eine Strategie für eine einmischende Kinder- und Jugendpolitik auf Landesebene verwirklichen und als Querschnittsaufgabe strukturell, krisenfest und verbindlich verankern. Dazu gehören für uns niedrigschwellige Beteiligungsformate sowie ein Kinder- und Jugendcheck in Gesetzgebungsverfahren. Wir wissen: Echte Partizipation funktioniert nur, wenn wir jungen Menschen auch Gestaltungsmacht geben.

Daher unterstützen wir selbstverständlich die Demokratiekultur wie auch Demokratieerziehung an unseren Schulen. Aus regelmäßigen Gesprächen und Veranstaltungen mit Schülervertreter:innen wissen wir, dass Jugendliche sich mehr und stärker engagieren wollen. Demokratie ist ein hohes Gut und die Schule ein wichtiger Ort, um die Demokratiefähigkeit vor- und auszuleben. Lehrkräfte, insbesondere die SV-Vertrauenslehrer:innen, nehmen nicht selten die Rolle von Vorbildern ein. Sie gilt es in ihrer Arbeit daher ebenfalls, wo möglich, zu stützen. Hier muss das Land, aber auch die Schulen ihrer jeweiligen Verantwortung nachkommen.

Und wir alle, unabhängig davon, ob Schulleitung, Lehrer:in, Eltern oder auch Politiker:innen sollten unsere Jüngsten wahr- und ernstnehmen. Kinder und Jugendliche sind nicht erst ab dem Wahlalter Bürger:innen. Wir werden die Partizipationslücke für Grundschüler:innen durch rechtlich gesicherte, altersgerechte Mitwirkungsmöglichkeiten schließen. Für die Schüler:innenvertretungen setzen wir uns dafür ein, dass sie künftig ein festes Budget für ihre verschiedenen Aufgaben zur Verfügung gestellt bekommen.

Politische Beteiligung insgesamt ist ein wesentlicher Bestandteil jeder Demokratie. Der Schlüssel zur politischen Teilhabe ist das Wahlrecht. Wir streben eine umfassende Reform des Wahlrechts und Wahlsystems in Nordrhein-Westfalen an, so dass der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl erfüllt, die Wahlbeteiligung erhöht und die Größe des Landtages angemessen begrenzt wird. Wir wollen das aktive Wahlrecht für Landtagswahlen auf 16 Jahre herabsenken.

Damit Kinder und Jugendliche gut vorbereitet und mündig ihre Wahlentscheidung schon mit 16 Jahren treffen können, machen wir die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in den Kommunen zur Pflicht. Dabei legen wir uns keine feste Form der Beteiligung fest, sondern ermuntern zum Erproben vielfältiger Formen und Verfahren der Kinder- und Jugendbeteiligung im ganzen Land.

2.) Was halten Sie von einer solchen Ombudsperson für Schülervertretungen und für Schüler, die von Ordnungsmaßnahmen betroffen sind, und eventuell für Eltern und Lehrer? Wäre eine solche Ombudsperson ein wichtiger Beitrag, um Willkür und antidemokratischen Tendenzen in Schulen entgegenzuwirken? Sind Sie bereit, sich als Abgeordneter für eine solche Ombudsperson einzusetzen? Wenn ja: Wie würden Sie das tun?

Ott: Insbesondere bei jungen Menschen ist uns, neben der politischen Bildung, die politische Beteiligung besonders wichtig. Daher erkennen wir die Interessensvertretung von Schüler:innen sowie Studierenden als das Sprachrohr ihrer Gruppe an und möchten ihr die Möglichkeit zusprechen, diese besondere Perspektive in allen Politikbereichen präsent zu machen. Mit diesem allgemeinpolitischen Mandat stärken wir die politische Partizipation von jungen Menschen und binden sie vermehrt in Entscheidungsprozesse ein.

Die engagierten Kinder und Jugendlichen werden dabei von uns bestmöglich unterstützt. Ob dies u.a. durch eine Ombudsperson, vergleichbar mit der Organisationsstruktur in Hamburg, umsetzbar und sinnvoll ist, gilt es erst zu prüfen. Ein direkter Vergleich zur Verfahrensweise in Hamburg ist jedoch alleine aufgrund der Größenverhältnisse beider Bundesländer durchaus schwierig. Der Vorschlag, eine Ombudsperson, die Schülervertreter:innen in ihrer Arbeit stützen soll, ebenfalls als Interessensvertreter:in für Eltern wie Lehrkräfte einzusetzen, erscheint uns zudem auch aus einem anderen Grund problematisch. Eine Vertretung aller drei Gruppen löst Interessenskonflikte aus und führt womöglich zu Problemen bei der Mediation von Konflikten.

Beschwerden über Probleme und Konflikte gab es kaum bzw. nur sehr wenige. Das heißt mit Sicherheit nicht, dass die Beteiligung an Schulen überall reibungslos verläuft. Die Zusammenarbeit aller kann sicherlich mancherorts optimiert werden. Wir sehen aber auch, dass es an vielen Schulen auch, dank den vielen engagierten Menschen, sehr gut läuft. Schulleitungen, Lehrkräfte wie auch Eltern und Schüler:innen arbeiten eng zusammen. Da, wo dies nicht der Fall ist, können beispielsweise (Stadt-) Schulpflegschaften und Bezirksschülervertretungen den Eltern respektive den Jugendlichen zur Seite springen und mit ihnen gemeinsam nach konstruktiven Lösungen suchen.

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