Landtagswahl NRW: Was wollen die Kandidaten gegen die mangelhafte demokratische Kultur an Schulen tun?

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Am 15. Mai 2022 wird der Landtag NRW neu gewählt. Ich habe in den vergangenen Tagen ein paar Personen, die für verschiedene Parteien bei der Wahl kandidieren, angeschrieben und um Antwort zu zwei Frageblöcken gebeten. Es geht um die mangelhafte demokratische Kultur, die an (manchen oder vielen) Schulen in NRW existiert, und darum, wie die Landesregierung und der Landtag diesem Problem begegnen sollten. Insbesondere habe ich gefragt, was der jeweilige Kandidat von der Einrichtung einer Ombudsperson für Schülervertretungen halte (wie ich sie in einer Petition an den Landtag gefordert hatte).

Ich werde die eingehenden Antworten demnächst (vor dem 15. Mai) veröffentlichen.

Hier meine Anfrage an die einzelnen Kandidaten im Wortlaut (ohne Einleitung):

Es gibt Hinweise, dass es an (manchen oder vielen) Schulen in Nordrhein-Westfalen um die demokratische Kultur schlecht bestellt ist, dass Partizipationsrechte von Mitwirkungsgremien verletzt werden, dass es zu Willkür kommt. So sagte zum Beispiel Sophie Halley, damaliges Mitglied der Landesschülervertretung, in einer Anhörung vor dem Schulausschuss des Landtags am 24.11.2020:

Ernst genommen zu werden, ist überhaupt eine unglaublich wichtige Sache. Leider ist das, egal auf welcher Ebene man gerade aktiv ist, nicht unbedingt der Fall. […] Natürlich mangelt es in Sachen “Verfahrensweise”. Man könnte das Ganze durch Aufklärung oder Information sehr viel angenehmer und besser gestalten. Das passiert aber einfach nicht. Die Aufklärung findet in dem Sinne nicht statt. Die Einladungen werden uns teilweise erst dann gegeben, wenn wir bemerken: Wir haben da keinen Unterricht, weil mein Klassenlehrer bei der Schulkonferenz ist. Komisch! Warum bin ich nicht dort? — Dann fragt man nach. Das ist leider Gottes relativ normal.

Die damalige Vorsitzende der Landeselternschaft der Gymnasien in NRW, Jutta Löchner, sagte in derselben Anhörung:

Ich habe es erlebt — das entnehme ich auch jetzt als Vorsitzende immer wieder dem, was an uns herangetragen wird –, dass in Schulkonferenzen Tagesordnungen aufgerufen werden, die nicht abgesprochen sind. Vorher werden auch keine Papiere an die Eltern herausgegeben, sodass sie Nachfragen stellen könnten. Die Schüler bekommen meistens noch viel weniger mit. Die Lehrer haben sich aber abgesprochen. […]
Im Schulgesetz steht bereits eine ganze Menge drin. Wenn man das ordentlich umsetzt, ist es auch schon durchaus gut. […] Wenn man die Demokratie, dieses Ernst-Nehmen, entsprechend lebt, kann das gut funktionieren. […] An dieser Stelle muss ich mir natürlich die Frage stellen: Warum funktioniert das so häufig nicht? Das betrifft natürlich nicht alle 5.500 — oder wie hoch die Zahl jetzt tatsächlich ist — Schulen, die wir haben. Aber es funktioniert häufiger nicht. […]
Aber wer kontrolliert oder schaut eigentlich, dass diese Zusammenarbeit zwischen Eltern, Lehrern, Schülern und Schulleitung gut funktioniert? Und was tut man, wenn das überhaupt nicht läuft? Erst einmal müssen die Eltern und auch die Schüler ja merken, dass eine Verkürzung ihrer Rechte erfolgt. Häufig bekommen sie das, wie gesagt, aufgrund von Unwissenheit gar nicht mit. Dann muss man aber natürlich auch immer mal wieder jemanden ins System hineinbringen, der schaut, ob das auch gut läuft — und vor allen Dingen dann, wenn es ein Signal gibt, dass es nicht gut läuft.

Vor diesem Hintergrund frage ich Sie:

1.) Finden Sie diese beiden Schilderungen besorgniserregend? Betrachten Sie die mangelhafte demokratische Kultur und die Willkür an (manchen oder vielen) Schulen in NRW als Problem, um das sich der Landtag und die Landesregierung kümmern sollten? Wenn ja: Wie sollte diesem Problem begegnet werden? Wie würden Sie sich als Abgeordneter dafür einsetzen, dass die demokratische Kultur an Schulen erhalten bleibt oder — wo nötig — entwickelt und gefestigt wird?

2.) In der Freien und Hansestadt Hamburg gibt es seit 1999 eine Ombudsperson für Schülervertretungen. Deren ursprünglicher Auftrag lautete:

Der ehrenamtliche Beratungs- und Vermittlungsauftrag der Ombudsfrau umfasst alle Angelegenheiten, die die schulgesetzlich verankerten Mitwirkungsrechte der Schülervertretung in der Klasse, im Schülerrat, in der Schulkonferenz, für Schulsprecherinnen und Schulsprecher bzw. Schulsprecherteams sowie schulübergreifend im Kreisschülerrat und in der Landesschülervertretung betreffen.
Die Ombudsfrau ist Beschwerdestelle für Schülervertreterinnen und Schülervertreter, die ein mit ihrem Amt verbundenes Recht verletzt oder missachtet sehen. Sie kann bei aktuellen Konflikten als Vermittlerin eingeschaltet werden. Dabei ist sie verpflichtet, den Grundsatz der Vertraulichkeit zu beachten und zu wahren.
Der Vermittlungsauftrag der Ombudsfrau umfasst das Angebot an Schülervertretungen, mit Unterstützung einer nicht zur Schule gehörenden, nicht in die Hierarchie eingebundenen und insoweit neutralen Vertrauensperson einen Konflikt zu bearbeiten. Es gilt, die verschiedenen Sichtweisen, Standpunkte und (Rechts)-Auffassungen bzw. Auslegungen und Interessen zu erkennen, zu benennen und im Gespräch Wege zur Lösung des jeweiligen Konflikts aufzuzeigen.

Seit 2013 ist die Hamburgische Ombudsperson zusätzlich offiziell Ansprechpartner für Schüler und Schülerinnen, die von bestimmten Ordnungsmaßnahmen betroffen sind.

Ich habe in einer (noch nicht beantworteten) Petition den Landtag gebeten, auch in NRW eine solche Ombudsperson für Schülervertretungen einzurichten (siehe hier). Eine Ombudsperson könnte auch für Eltern und Lehrer eine Beschwerdestelle sein für den Fall, dass diese ihre Partizipationsrechte verletzt sehen. (Für Soldaten gibt es den Wehrbeauftragten als Hilfsorgan des Bundestages.)

Was halten Sie von einer solchen Ombudsperson für Schülervertretungen und für Schüler, die von Ordnungsmaßnahmen betroffen sind, und eventuell für Eltern und Lehrer? Wäre eine solche Ombudsperson ein wichtiger Beitrag, um Willkür und antidemokratischen Tendenzen in Schulen entgegenzuwirken? Sind Sie bereit, sich als Abgeordneter für eine solche Ombudsperson einzusetzen? Wenn ja: Wie würden Sie das tun?

Über aussagekräftige Antworten würde ich mich freuen.

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