Landtagswahl: Helmut Seifen (AfD) antwortet auf Fragen zu mangelhafter Demokratie in Schulen

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“Die besagten Fälle halte ich für sehr besorgniserregend.”

Wie berichtet, habe ich mehreren Personen, die bei der Wahl am 15.05.2022 für den Landtag NRW kandidieren, Fragen zum Thema “Mangelhafte demokratische Kultur in Schulen” gestellt. Ich habe Kandidaten der folgenden Parteien angeschrieben: CDU, SPD, Grüne, FDP, AfD, Linke, Team Todenhöfer und dieBasis.

Bisher hat nur Helmut Seifen von der AfD geantwortet (die Vertreterin von Team Todenhöfer hat angekündigt zu antworten). Seifen ist seit 2017 Mitglied des Landtags, Vorsitzender des Wissenschaftsausschusses und schulpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion; er war vorher als Lehrer und Schulleiter tätig (laut Handbuch des Landtags NRW). Er steht auf Platz 14 der Liste seiner Partei für die kommende Landtagswahl.

Zu den beiden Fragenblöcken nimmt er wie folgt Stellung (die Hintergründe zu den Fragenblöcken finden sich hier):

1.) Finden Sie diese beiden Schilderungen besorgniserregend? Betrachten Sie die mangelhafte demokratische Kultur und die Willkür an (manchen oder vielen) Schulen in NRW als Problem, um das sich der Landtag und die Landesregierung kümmern sollten? Wenn ja: Wie sollte diesem Problem begegnet werden? Wie würden Sie sich als Abgeordneter dafür einsetzen, dass die demokratische Kultur an Schulen erhalten bleibt oder — wo nötig — entwickelt und gefestigt wird?

Seifen: Die besagten Fälle halte ich für sehr besorgniserregend und ich kann es fast nicht glauben, dass so etwas wirklich vorkommt. Denn in diesem Fall sind sämtliche Beschlüsse einer Schulkonferenz, zu der nicht satzungsgemäß eingeladen wird, hinfällig und ungültig. Ansprechpartner dafür ist die Bezirksregierung oder die untere Schulaufsichtsbehörde des Kreises, wenn die Schulleitung uneinsichtig ist.
Im übrigen sollte die Schulkonferenz jeder Schule sowohl eine Geschäftsordnung wie eine Wahlordnung für alle Gremien, auch für sich selbst natürlich, beschließen, wie sie in der BASS vorgegeben ist. Die Anhänge füge ich Ihnen bei.1 Die vorliegende Geschäftsordnung kann selbstverständlich auch um Nuancen verändert und ergänzt werden.
Bei wichtigen, für die Schule weitreichenden Beschlüssen (z.B. Fahrtenkonzept der Schule oder Verteilung der Ergänzungsstunden u.a.m.) habe ich immer die Beschlussentwürfe vorher in die verschiedenen Gremien gegeben, sodass in der Lehrerkonferenz, der Schulpflegschaft und dem Schülerrat über diese Dinge beraten und ein Votum dieser Gremien abgegeben wurde. Meistens wurde in der Lehrerkonferenz zuerst beraten, sodass das Votum der Lehrerkonferenz weitergereicht worden ist. Manchmal erhielten auch alle Gremien zeitgleich einen Entwurf, der von der Schulleitung, der Steuergruppe oder von Fachkonferenzen ausgearbeitet worden ist. Natürlich lag dann die entscheidende Beschlussfassung immer bei der Schulkonferenz.
In dem Beratungsprozess fanden dann immer schon zu den Sitzungen der jeweiligen Gremien Informationsgespräche mit Vertretern der Gremien und in den Gremien statt und eben nicht nur mit der Lehrerkonferenz. Anregungen aus diesen Gremien konnten für die Beschlussfassung der Schulkonferenz aufgenommen werden. Auf der anderen Seite konnte man unrealistischen Anregungen mit Erklärungen zu den Erfordernissen des Schulalltags und der Gesetzeslage begegnen.
Anträge aus der Elternschaft oder der Schülerschaft wurden im Vorfeld immer mit der Schulleitung beraten, sodass diese Anträge auch schulverträglich gefasst oder Alternativen mit der ursprünglichen Ausrichtung des Antrags entwickelt werden konnten, wenn die Anträge zu unrealistisch waren.
Regelrecht konfrontative Sitzungen der Schulkonferenz habe ich aus diesem Grund nicht erlebt.

2.) Was halten Sie von einer solchen Ombudsperson für Schülervertretungen und für Schüler, die von Ordnungsmaßnahmen betroffen sind, und eventuell für Eltern und Lehrer? Wäre eine solche Ombudsperson ein wichtiger Beitrag, um Willkür und antidemokratischen Tendenzen in Schulen entgegenzuwirken? Sind Sie bereit, sich als Abgeordneter für eine solche Ombudsperson einzusetzen? Wenn ja: Wie würden Sie das tun?

Seifen: Ich halte von solch einer Einrichtung gar nichts. Sie beweist nur das eklatante und empörende Versagen staatlicher Stellen und die Aufgabe des Anspruchs, auf der Grundlage bürgerlicher Mündigkeit mitbestimmendes Handeln gegenüber staatlicher Stellen durchzusetzen.
Der Schülerrat und die Schülerselbstverwaltung haben bereits mit den SV-Lehrern Vertrauenspersonen der Art, wie sie eine Ombudsperson repräsentiert. Wenn die nicht in der Lage sind, Schulleitungen auf Verstöße gegen die Fairness oder die Geschäftsordnung hinzuweisen, dann haben sie eben ihr Amt nicht verdient.
Die Eltern als erwachsene Bürgerinnen und Bürger sollten wirklich selbst in der Lage sein, die Schulleitung zur korrekten Verfahrensweise anzuhalten. Als Elternvertreter würde ich in der Schulkonferenz gar nicht einen wichtigen, für die Schule wegweisenden Tagesordnungspunkt behandeln, wenn er ohne vorherige Beratungsmöglichkeit in der Schulpflegschaft wie aus dem Nichts plötzlich auf der Tagesordnung der Schulkon-ferenz erscheint. Eine kurze Verständigung mit den Schülervertretern reicht, um den Punkt von der Tagesordnung zu nehmen. Sollten sich solche Fälle wiederholen und die Schulleitung nach Klärungsgesprächen in dieser grundsätzlichen Sache immer noch eigenbrötlerisch handeln, muss die Bezirksregierung eingeschaltet werden. Die Dezernenten müssen dann ihrer schulfachlichen Aufsicht nachkommen und dem Schulleiter in dieser Angelegenheit eine deutliche Belehrung zukommen lassen.
Welche Aufgabe soll da eine Ombudsperson übernehmen?
All diese Hinweise gelten natürlich nicht für Entscheidungen, die nur für einen punktuellen Zeitraum Gültigkeit haben und deshalb nicht in den einzelnen Gremien vorberaten werden müssen.


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Fußnote:

  1. Anmerkung A.R.: Die folgenden Dokumente wurden beigefügt: “Empfehlung einer Wahlordnung für die Schulmitwirkungsgremien”, “Empfehlung einer Geschäftsordnung für die Schulmitwirkungsgremien”, Reader “Einmischen will gelernt sein!” (Politischer Arbeitskreis Schulen e.V., DGB-Jugend NRW, LandesschülerInnenvertretung NRW)

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