Einmal Schulleiter, immer Schulleiter

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Bezirksregierung versetzt umstrittenen Schulleiter an andere Schule — und erntet Protest von Eltern.

Vor etwa zwei Jahren kam es zu einem Eklat am Marie-Curie-Gymnasium Bönen (siehe “Bönen: Eltern und Schüler protestieren öffentlich gegen unliebsamen Schulleiter”). Es gab massiven Protest gegen den damaligen Schulleiter Dr. Peter Petrak. Der wurde daraufhin als Fachleiter an einem Seminar für Lehramtsreferendare eingesetzt.

Wie die WAZ am 10. Mai 2022 berichtete (“Neuer Schulleiter sorgt für Unruhe”, siehe auch “Nach Petrak-Eklat kann Schulleiterposten am MCG endlich besetzt werden” auf wa.de), hat die Bezirksregierung Arnsberg entschieden, dass Petrak ab dem kommenden Schuljahr Schulleiter an der Lessing-Schule in Bochum-Langendreer wird. Die Schulkonferenz wurde offenbar bei der Entscheidung über den neuen Schulleiter nicht eingebunden (dies ist nur in Ausnahmefällen zulässig).

Für Begeisterung hat dieser Vorgang an dem Bochumer Gymnasium nicht gesorgt. Im Artikel der WAZ kommt die Vorsitzende der dortigen Schulpflegschaft, Svenja Schmitz, zu Wort.

Svenja Schmitz stellt klar, dass man niemanden vorverurteilen wolle. Doch die Sorgen vieler Eltern um den Schulfrieden sei groß. Kritisiert werde auch, dass die Schulkonferenz im Vorfeld nicht gehört wurde. “Wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt”, sagt Schmitz.

Inzwischen hat die Schulpflegschaft eine Petition an die Bezirksegierung Arnsberg und den Landtag NRW eingereicht. In der heißt es:

Wir fordern die obere Schulaufsichtsbehörde auf,
1. diese Entscheidung zurückzunehmen und
2. das ordentliche Ausschreibungs- und Bewerbungsverfahren für die Besetzung der Schulleitungsstelle an der Lessing-Schule Bochum nach den gesetzlichen Vorgaben weiterzuführen .

Wir sind entsetzt, auf diese Weise von der Entscheidung der Bezirksregierung Arnsberg zu erfahren und feststellen zu müssen, dass sowohl die Schulkonferenz als auch der Schulträger in keiner Weise eingebunden und die Schulkonferenz entgegen der Auskunft der Bezirksregierung auch nicht frühzeitig informiert, sondern vor vollendete Tatsachen gestellt wurde! […]

Umso mehr irritiert und empört uns die nun für uns willkürlich getroffene Entscheidung der Bezirksregierung, die bereits eingeleitete Ausschreibung der Schulleitungsstelle ohne nachvollziehbare Begründungen über die Köpfe aller Beteiligten hinweg nicht abzuschließen und völlig freihändig zu besetzen. […]

Bereits durch die Mitteilung der Bezirksregierung ist der Schulfriede massiv gestört. […]

Aufgrund der dokumentierten Vorgeschichte des zu versetzenden Schulleiters hat die Fachaufsicht der Bezirksregierung eine Reihe von Maßnahmen angesetzt, die erheblich über das übliche Maß zur Betreuung einer neuen Schulleitung hinausgehen. Gleich zwei FachaufsichtsdezerntInnen der Bezirksregierung sichern zu, den neuen Schulleiter engmaschig zu betreuen. Hierzu soll es unter anderem separate regelmäßige Gespräche der DezernentInnen mit LehrerInnenvertretern, ElternvertreterInnen und SchülerInnenvertretern geben, um Probleme frühzeitig aufzugreifen. […]

Allerdings wird durch diese Maßnahmen, das durch den Besetzungsprozess bereits beeinträchtigte Vertrauen in die Entscheidung der Bezirksregierung und in die Person des designierten Schulleiters, vollends zerstört. […]

Auf die Vorwürfe der Elternvertreter hat die Bezirksregierung Arnsberg inzwischen reagiert, wie man in einem weiteren Artikel der WAZ lesen kann (“Eltern bitten Landtag um Hilfe”, 15.06.2022, online 14.06.2022). Darin heißt es:

Dass Peter Petrak in seiner neuen Aufgabe durch die schulfachliche Aufsicht der Bezirksregierung Arnsberg begleitet werde, sei „grundsätzlich das übliche Vorgehen bei der Besetzung von neuen Schulleitungsstellen“. Söbbeler [Pressesprecher der Bezirksregierung]: „Eine, wie hier, intensivere Begleitung der Schulaufsicht ist letztlich eine Reaktion auf die Ablehnung und die Befürchtungen der Schulgemeinschaft.“

Insbesondere dieser letzten Aussage widersprechen die Elternvertreter. Auf openpetition.org schreiben sie (15.06.2022):

Diese Aussage ist nachweislich falsch, irreführend und versucht der Schulgemeinde einen moralischen schwarzen Peter für Fehler zuzuschieben, die eindeutig bei der Bezirksregierung liegen.

Anscheinend sind wir jetzt schon so weit, dass die Bezirksregierung offensichtlich falsche Aussagen über Ihren Pressesprecher kommunizieren lässt, um Verfahrensfehler zu kaschieren.

Die Schulgemeinde wurde in der Schulkonferenz vom 28.04.2022 von der Besetzungsentscheidung der Bezirksregierung informiert. Anwesend waren 6 LehrerInnen, 6 SchülerInnen, 6 Eltern, die aktuelle Schulleitung der Lessing-Schule und die beiden DezernentInnen LRSD Meyhoefer und LRSD Bartsch aus Arnsberg. Selbstverständlich gibt es ein Protokoll der Sitzung.

Unmittelbar nach der Mitteilung der Versetzung des designierten Schulleiters in dieser Sitzung wurde der Schulkonferenz eigeninitiativ durch die DezernentInnen mitgeteilt, dass der designierte Schulleiter engmaschig nicht nur durch einen, sondern gleich durch zwei DezernentInnen, betreut werde. Hierzu gäbe es regelmäßige Gespräche und sobald ein Mitglied der Schulgemeinde ein unangenehmes Gefühl habe, könne man sich unter Ausschaltung des Dienstweges direkt bei den FachaufsichtsdezernentInnen melden.

Am Montagvormittag habe ich die Bezirksregierung Arnsberg per E-Mail um eine Stellungnahme gebeten und gefragt:

Bleibt die Bezirksregierung bei ihrer Auffassung, dass die “intensivere Begleitung der Schulaufsicht […] letztlich eine Reaktion auf die Ablehnung und die Befürchtungen der Schulgemeinschaft” ist? Oder wurde die “engmaschige Betreuung” tatsächlich eigeninitiativ durch die Dezernenten auf der Sitzung der Schulkonferenz vom 28.04. mitgeteilt, wie es die Elternvertreter schildern?

Eine Antwort habe ich bis heute, also zwei Tage später, nicht erhalten. [Nachtrag, 22.06.2022, 16:35 Uhr: Nach Veröffentlichung dieses Beitrags ist die Antwort der Pressestelle der Bezirksregierung eingegangen. Darin ist zu lesen: “Der Pressebericht der WAZ gibt wieder, dass die intensive Begleitung im Zusammenhang mit den Befürchtungen aus der Schulgemeinde zur neuen Schulleitung zu sehen ist. Die Mitarbeiter*innen der Schulabteilung haben bereits in der Information über die Neubesetzung der Schulleiterstelle in der Schulkonferenz vom 28. 04. auch über die beabsichtigte enge Begleitung der neuen Schulleitung berichtet. Dies geschah aus der Besorgnis heraus, dass es Bedenken und Befürchtungen zu der getroffenen Entscheidung geben könne. Diese Besorgnis hat sich dann im weiteren Verlauf bestätigt. Falls die gewählten Formulierungen zu Missverständnissen geführt haben sollten, war dies an keiner Stelle beabsichtigt. Gleichermaßen ist es in keiner Weise beabsichtigt, irgendjemanden in die Irre zu führen oder der Schulgemeinde einen ‘schwarzen Peter’ zuzuschieben.”]

In dem WAZ-Artikel kommt auch der designierte Schulleiter Petrak zu Wort: “Die unzureichende Einschätzung zu meinem Führungsstil, Kommunikation und sozialen Kompetenz sind für mich nach wie vor irritierend.“ Die bisherige Berichterstattung habe viel zur aktuellen Verunsicherung beigetragen. „Schüler, Lehrer, Eltern — alle sollen sich an der Schule wohlfühlen. Ich bin offen für alles, was diesem Ziel dient.“

Ich möchte die Vorgänge im Regierungsbezirk Arnsberg einstweilen nicht kommentieren. Ich wünsche der Lessing-Schule, dass der Schulfrieden bald wiederhergestellt wird. Ich bin gerne bereit, in dem Streit zu vermitteln…



PS:
Woanders gab es im letzten Jahr Unmut über eine Schulleiterin — dazu zwei Schlagzeilen aus dem Tagesspiegel:

Brandbrief am Tagore-Gymnasium. Berliner Abiturjahrgang beklagt Versagen seiner Schulleitung. „Unorganisiert, unkoordiniert, überfordert und desinteressiert“ lauten die Anschuldigungen gegen die Schulleiterin. Deren Anwalt nennt die Vorwürfe unbegründet.

Streit am Tagore-Gymnasium in Berlin. Umstrittene Schulleiterin bleibt trotz Brandbriefen im Amt. Eltern, Lehrkräfte und Schüler:innen berichten von schwerwiegenden Problemen mit der Leiterin. Schon die Schulinspektion hatte ihre Arbeitsweise kritisiert.

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